Die Kunst zur Geschichte

„Der dunkle Weg“

Der Dunkle Weg
Jürgen Jobsen. Foto: Studio Gundlach

Die Geschichte von

Jürgen Jobsen

Ich hatte eine ziemlich ordentliche Jugend. Hauptsächlich habe ich die in Bergedorf verbracht. Ich war in der evangelischen Jugend „integriert“, wie es damals hieß, aber ohne ständig mit dem Glauben konfrontiert zu werden.

Es gab verschiedene Gruppen, wie den sogenannten Donnerstagsclub, wo man über alles Mögliche diskutieren konnte. Musik spielte eine große Rolle; ich habe auch Konzertgitarre gespielt. Dann hatten wir am Wochenende eine Disco, und irgendwann bildete sich eine Fotogruppe, die mir wichtig war.

Obdachlos wurde ich erst viel später, als ich mein Unternehmen in der Pflegebranche verloren hatte. Es scheiterte an den vielen Vorschriften, die es im Lande gibt. So habe ich schließlich alles verloren. Auch meine Wohnung.

In der ersten Zeit meiner Obdachlosigkeit bin ich in eins dieser kleinen Parkhäuser gegangen. Es hatte zwar ein Dach, war aber an den Seiten offen. Dort habe ich geschlafen, und meine Sachen lagen neben mir, als ein älteres Ehepaar kam und zu mir sagte: „Na, da musst du mal gucken, wenn du dich hinsetzen willst, denn hier sitzen auch gerne Obdachlose.“ Offenbar wurde ich damals noch nicht als obdachlos eingeordnet. Vielleicht hatte ich noch nicht das charakteristische Aussehen.

Das Leben auf der Straße für sich selbst zu organisieren, das ist eine ganz andere Nummer, als wenn man eine Wohnung hat. Es gibt viele Dinge, über die man unter normalen Umständen garnicht nachdenkt. Zum Beispiel ist die Hygiene nirgends gewährleistet, egal ob man im Stadtwald oder in der Innenstadt Platte macht. Denn wo geht man zum Beispiel auf die Toilette?

Was mir passiert ist, kann wirklich jedem passieren. Es kann eine Scheidung sein oder ein Todesfall oder – wie in meinem Fall – der Verlust der Arbeit. Denn Arbeit bedeutet Existenz. Natürlich haben wir ein Sozialsystem, das mich letztendlich auch unterstützt hat. Aber ob man es schafft, sein ganzes Leben lang mit der ganzen Bürokratie dahinter klarzukommen …

Es ist grausam, sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass man wirklich ganz unten angekommen ist. Gerade am Anfang ist man allein. Ich kann nur empfehlen, so schnell wie möglich Anschluss zu finden. Für mich kam das erst 1998: Ich bekam Kontakt zu Hinz&Kunzt. Ich habe den Verkaufsausweis und die Startzeitung bekommen, und so habe ich angefangen. Doch so lange war ich nicht Verkäufer, denn ich wurde vom damaligen Geschäftsführerangesprochen, ob ich nicht in den Vertrieb einsteigen möchte. Das war die Phase, in der sich Hinz&Kunzt noch professioneller aufgestellt hat. Für mich war das wie ein Lottogewinn. Natürlich habe ich ja gesagt. Und jetzt habe ich eine Wohnung und nutze die freie Zeit der Rentenphase für mein Hobby, die Fotografie.

Noch mehr über Jürgen:

Credits:
Text: Annette Woywode
Foto: Mauricio Bustamante

30 Kunstwerke, geschaffen von 30 Hinz&Künztlerin:innen

Für weitere Informationen klicke einfach auf eines der folgenden Kunstwerke.

Am 22. November wurde ein Teil der Homeless Gallery zusammen mit zahlreichen Kunstwerken und Auktionslosen, die namhafte Künstler*innen gespendet hatten, versteigert. Mehr als 40.000 Euro kamen an diesem Abend für das Straßenmagazin Hinz&Kunzt zusammen.

 

Die Werke der Homeless Gallery, die im Rahmen der Auktion aufgrund der Vielzahl nicht unter den Hammer kommen konnten, können ab sofort über einen Auktions-Nachverkauf erworben werden.

Jedes Bild aus der Homeless Gallery ist ein Unikat, zu dem es ein Echtheitszertifikat gibt. Alle Erlöse des Nachverkaufs fließen vollständig an Hinz&Kunzt, die gemeinsam mit einer Hamburger Stiftung neuen Wohnraum für Obdachlose schaffen.

„Wir freuen uns sehr, über das große Interesse an der Homeless Gallery und den Lebensgeschichten ihrer Künstlerinnen und Künstler”, sagt Hinz&Kunzt Geschäftsführer Jörn Sturm. „Es zeigt, dass wir mit der Ausstellung einen Nerv getroffen haben und dass die Menschen unseren Einsatz für Obdach- und Wohnungslose schätzen. Natürlich sind wir sehr glücklich über den Erlös, den die Versteigerung eingebracht hat, und möchten uns herzlich bei allen Besucher*innen, Mitbietenden und Käufer*innen bedanken.”

Auch eine kleine Auswahl an weiteren Kunstwerken kann noch erworben werden. Der Nachverkauf-Katalog ist hier zu finden: